Viele erwarten von vergewaltigten Frauen, dass diese schnell Anzeige erstatten. Unsere Erfahrung jedoch zeigt: Betroffene Frauen und Mädchen brauchen zuerst eine umfassende medizinische und psychosoziale Versorgung. Im zweiten Schritt braucht es die Möglichkeit einer vertraulichen bzw. verfahrensunabhängigen Spurensicherung, die später gerichtsverwertbar ist. Auch die Istanbul Konvention unterstützt diesen Ansatz und verpflichtet Deutschland in Artikel 18 und 25, dass medizinische Hilfe gewährleistet werden muss, unabhängig davon, ob Anzeige erstattet wird. Ebenso das Klinische Handbuch der WHO: Es fordert eine selbstbestimmte (Erst)Versorgung.
Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotruf (bff) legte 2014 in einer Situationsbeschreibung den benötigten Handlungsbedarf nach flächendeckender niedrigschwelliger medizinischer Versorgung nach Sexualdelikten vor. In Rheinland-Pfalz verabschiedete die Fachgruppe „Sexualisierte Gewalt an Frauen“ im Rheinland-pfälzischen Interventionsprojekts gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG) bereits zuvor eine Beschlussempfehlung zur Verbesserung der medizinischen, psychosozialen und rechtlichen Situation Betroffener von Gewalt in engen sozialen Beziehungen für den Landesweiten Runden Tisch (LRT) und empfahl die Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung nach Vorbild Hessens. Diese wurde 2018 in Mainz und Worms mit finanzieller Unterstützung des Frauenministeriums RLP umgesetzt, 2019 und 2020 werden Kliniken in Koblenz und Trier folgen. Frauen und Mädchen ab 14 Jahren können sich nach einer Vergewaltigung schnell und vertraulich an die Ambulanz der teilnehmenden Frauenklinik wenden. Dort erhalten sie rund um die Uhr ein Informationsgespräch mit anschließender Untersuchung und zudem das Angebot einer vertraulichen Spurensicherung. Auch für Vergewaltigungsfälle gilt die ärztliche Schweigepflicht. Im Falle einer vertraulichen Spurensicherung werden die Proben für ein Jahr in der Rechtsmedizin Mainz gelagert. Entscheiden sich die Frauen in den folgenden Monaten anzuzeigen, und nur dann, werden diese Proben ausgewertet.
Weitere Informationen unter <link http: www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de external-link-new-window>www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de.