| Lebenswege vor Ort

Integrationsministerin Anne Spiegel: Wir müssen dem Antisemitismus mit Zivilcourage entgegentreten

Der Webtalk „Weltlich, Gläubig, Gegenwärtig. Jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz“ mit Integrationsministerin Anne Spiegel beschäftigte sich mit jüdischem Leben in Rheinland-Pfalz. Dabei ging es auch darum, über Ursachen und Erscheinungsformen des Antisemitismus zu diskutieren. Das Podium setzte sich zusammen aus Fiona Kazarovytska, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Mainz und aktiv im Demokratieprojekt „Meet a Jew“, Ben Salomo, Rapper, Youtuber und Buchautor sowie Dr. Ronen Steinke, Buchautor und Redakteur der Süddeutschen Zeitung. 

„Zivilcourage zu leben und zu zeigen ist eine der wirksamsten Methoden gegen antisemitische Angriffe. Jeder und jede Einzelne von uns ist gefragt, wenn Jüdinnen und Juden angepöbelt und angegriffen werden. Außerdem ist die volle Härte des Rechtsstaats gefragt, wenn es um Antisemitismus geht“, sagte Integrationsministerin Anne Spiegel. „Unsere Gesellschaft muss im täglichen Miteinander von Menschlichkeit, Chancengleichheit und einem respektvollen Umgang getragen werden. Deshalb müssen wir früh ansetzen, wenn es um das Erlernen eines guten Miteinanders geht.“

Wie leben Jüdinnen und Juden heute, was sind ihre Traditionen, was bestimmt ihren Alltag, ob religiös oder säkular? Diese Fragen versucht Fiona Kazarovytska im Rahmen des Demokratie- und Begegnungsprojektes „Meet a Jew“ zu beantworten. Kazarovytska wird von Vereinen, Universitäten, Schulklassen eingeladen, die mehr über das Judentum erfahren wollen. „‘Meet a Jew‘ gibt Gelegenheit, sich als Menschen kennenzulernen, ohne auf die Religion reduziert zu werden“, erklärte Fiona Kazarovystka. „Ich stelle einen sehr großen Bedarf fest, mehr über Jüdinnen und Juden von heute zu erfahren“, ergänzte sie. Als Aktive von ‚Meet a Jew‘ will sie Judentum aus dem Dreiklang „Holocaust, Antisemitismus und Israel“ herauslösen.

Der Autor und Redakteur Dr. Ronen Steinke erläuterte: „Jüdisches Leben findet heute hinter Gittern und Mauern statt. Jüdische Orte haben eine große Last zu tragen durch Gefährdung. Synagogen, Schulen und Kindergärten müssen durch Polizei bewacht werden.“ Dr. Ronen Steinke sieht einen Zusammenhang zwischen der Zunahme des Antisemitismus und der Zunahme politischer Nervosität und Unbehagen in unserer Gesellschaft. Er ist der Überzeugung: „Wenn der Antisemitismus siegt, dann ist das Leben für Alle nicht mehr lebenswert. Denn es gibt ja nicht nur den Antisemitismus, auch der Rassismus und der Antifeminismus haben zugenommen.“ 

Ben Salomo, Rapper und Buchautor aus Berlin, setzt sich dafür ein, dass jüdisches Leben langfristig wieder sichtbar wird: „Es braucht verstärkt Bildungsarbeit und eine Art „Road Map“ für Lehrerinnen und Lehrer, damit sie Antisemitismus im Unterricht erkennen und wissen, wie man mit antisemitischen Äußerungen oder Verhalten umgehen kann.“ Salomo, der an Schulen geht und über das Judentum und den Antisemitismus informiert, erklärte weiter: „Der Staat muss endlich seiner Pflicht gerecht werden und den Raum Schule zu einem sicheren Ort für all seine Bürgerinnen und Bürger machen. Solange er das aber nicht gewährleistet, bleibt der jüdischen Bevölkerung nur die Alternative, sich eigene sichere Orte für jüdische Kinder zu schaffen."

Die Moderatorin Dr. Susanne Urban fasste am Ende des Webtalks ihre Eindrücke prägnant zusammen: „Eine gute Stunde sprachen starke Persönlichkeiten, erlebten wir starke Momente. Davon braucht dieses Land mehr!“
Der Webtalk „Jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz“ steht in der Tradition der Veranstaltungsreihe „Lebenswege vor Ort – Wir schaffen Begegnungen“ des rheinland-pfälzischen Online-Migrationsmuseums „Lebenswege“. Lebenswege widmet seine aktuelle Sonderausstellung dem jüdischen Leben der Gegenwart. In der Ausstellung, die Ende des Jahres online sein wird, berichten junge Jüdinnen über ihr Leben, ihre Ziele, Wünsche und ihre Selbstbestimmung und Selbstverortung.  

Mehr unter www.lebenswege.rlp.de.  
 

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