Projektstart: Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung von Homosexuellen

Unter der Federführung des Familienministeriums ist jetzt das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen in Rheinland-Pfalz gestartet. Damit setzt das Land einen entsprechenden Landtagsbeschluss um. Durchgeführt wird das Projekt vom Institut für Zeitgeschichte München – Berlin (IfZ) in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH).

„Der Landtagsbeschluss greift ein dunkles Kapitel der jungen Bundesrepublik auf. Überall in Deutschland, auch in Rheinland-Pfalz, wurden homosexuelle Menschen verfolgt, verurteilt, geächtet und von der Gesellschaft ausgegrenzt“, erklärt Familienministerin Irene Alt zum Projektstart. „Dieses Thema aufzuarbeiten ist ein wichtiger Schritt, um für homophobe Tendenzen zu sensibilisieren – gerade auch in der jüngeren Generation, die die Zeit der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen nicht persönlich miterlebt hat.“ Letztlich gehe es darum, Diskriminierung in unserer Gesellschaft nachhaltig zu bekämpfen und für Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu werben.

Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des IfZ: „Für die Zeitgeschichtsforschung war die Ausgrenzung von Minderheiten in der jungen Bundesrepublik bislang ein kaum berücksichtigtes Thema. Die fortgesetzte Diskriminierung von Homosexuellen ist deshalb ein wichtiges Forschungsfeld über das gesellschaftliche Großklima der 1950er Jahre. Die Studie für das Land Rheinland-Pfalz hat für das Institut für Zeitgeschichte somit auch Pilotcharakter für einen größeren Forschungszusammenhang zur Geschichte der Sexualität und dem Wandel von Rollenbildern im Nachkriegsdeutschland.“

Jörg Litwinschuh, Geschäftsführender Vorstand der BMH: „Wir sind dem Land Rheinland-Pfalz sehr dankbar, dass es die Verfolgung und Repression von Homosexuellen aufgrund § 175 StGB zeitgeschichtlich erforschen und dokumentieren lässt. Wir brauchen diese Erkenntnisse auch dringend für die Bildungsarbeit, denn Homosexuellenfeindlichkeit muss in jeder Generation durch Aufklärung und Bildung neu entgegengewirkt werden.“

Die Forschungsarbeiten werden von einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des Familienministeriums, des Justizministeriums, des Bildungsministeriums, des Innenministeriums, der Landeszentrale für politische Bildung, dem Landeshauptarchiv Koblenz und QueerNet Rheinland-Pfalz e.V. begleitet. Bis Ende 2015 soll ein vorläufiger Endbericht vorgelegt werden. Auf den Ergebnissen aufbauend ist eine Ausstellung geplant, die in der Bildungsarbeit für Polizei und Justiz sowie in Schulen eingesetzt werden soll. Für das Vorhaben sind im Doppelhaushalt insgesamt 100.000 Euro vorgesehen

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