Pressemitteilungen des Landesfrauenbeirates

Pressemitteilung zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

Gewalthilfe-Gesetz jetzt! „Keine Verzögerungstaktik mehr, sie kostet Frauenleben!“

mahnt Gisela Bill, Vorsitzende des Landesfrauenbeirats Rheinland-Pfalz am „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ zum erschreckenden Lagebericht des Bundeskriminalamts und zur notwendigen Umsetzung des Gewalthilfegesetzes:
Am 25. November 1960 starben in der Dominikanischen Republik drei Frauen eines gewaltsamen Todes. Sie wurden auf Grund ihrer Aktivitäten gegen Diktator Trujillo vom militärischen Geheimdienst gefoltert, vergewaltigt und ermordet. Als 1981 ein Treffen von Feministinnen aus Lateinamerika und der Karibik in Bogota stattfand, wurde der 25.11. zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ ausgerufen.
Gisela Bill:
„Heute, 64 Jahre später ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen auch in Deutschland immer noch unfassbare Realität, der der Gesetzgeber viel zu wenig entgegengesetzt. 
Das Lagebild des Bundeskriminalamtes, das von der Bundesregierung letzte Woche vorgestellt wurde, hat die ohnehin schon hohen Zahlen zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen noch einmal übertroffen.
Fast jeden Tag geschieht ein Femizid in Deutschland. Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland Gewalt in engen sozialen Beziehungen. Jeden Tag werden mehr als 52.000 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer Sexualstraftat, die Hälfte davon jünger als 18 Jahre. Angezeigte Fälle digitaler Gewalt haben sich innerhalb von fünf Jahren auf 17.000 Fälle verdoppelt. Die Dunkelziffer wird hier enorm sein.

Sie alle werden Opfer, weil sie Frauen sind!
Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention endlich ernsthaft umzusetzen, 
Dazu liegt ein Gesetzentwurf mit dem Namen „Gewalthilfegesetz“ vor. Die  Bundesregierung verspricht darin Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer Gewalt erstmals bundesgesetzlich zu regeln und den Bund an einer Regelfinanzierung von Beratungsstellen und Frauenhäusern zu beteiligen. 
Ein solches Gesetz wäre ein Meilenstein zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und eine Stärkung der Unterstützungsangebote für Betroffene.
Alle, die an der Beendigung von geschlechtsbezogener Gewalt arbeiten, warten seit langem auf diese bundesweite Rahmenregelung der Finanzierung ihrer Arbeit. 
Allerdings wurde der Gesetzentwurf schon viel zu lange innerhalb der Ampel vom Finanzminister blockiert. 
Mit dem Scheitern der Ampel darf der Gesetzentwurf nicht in der Versenkung verschwinden, sondern muss nun zügig zur Abstimmung gebracht werden! 
Der Landesfrauenbeirat RLP fordert Bundesregierung und Opposition deshalb auf, dieses Gesetz noch vor den Neuwahlen auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen und ihm zuzustimmen. Es muss doch im Interesse jeder demokratischen Partei sein, mit diesem Gesetz ein Signal gegen die besorgniserregend steigende Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen.“

Der Landesfrauenbeirat Rheinland-Pfalz hält es für sehr wichtig, dass sich möglichst viele Menschen aktiv für das Gewalthilfegesetz einsetzen. Deshalb:
•    Unterzeichnen auch Sie den Brandbrief „Stoppt Gewalt gegen Frauen“: https://innn.it/stopptgewaltgegenfrauen 
•    Unterzeichnen auch Sie die Petition „Gewaltschutz kostet Geld und rettet Leben“: https://innn.it/geldoderleben 
•    Wenden Sie sich an die Bundesregierung, den Bundeskanzler, Ihre Abgeordneten und fordern Sie das Gewalthilfegesetz ein.
•    Nutzen Sie Ihre Reichweite, um auf das Gesetz und seine Notwendigkeit aufmerksam zu machen.
 

Mehr Gewaltschutz für Frauen mit Behinderungen

Gewaltschutzkonzepte erfolgreich einbringen

Der Landesfrauenbeirat (LFB) nimmt Stellung zur Umsetzung des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, kurz UN-Behindertenrechtskonvention oder UN-BRK. Das landesweite rheinland-pfälzische Gremium hatte sich bereits 2015 als auch 2020 an der Fortschreibung des Landesaktionsplans in Rheinland-Pfalz beteiligt

 (s. Stellungnahme Frauennotrufe 2015 und Stellungnahme LFB 2020).

Ellen Kubica, die neue Landesbeauftragte für die Belange der Menschen mit Behinderungen, hat sich und ihre Arbeit in der Sitzung des Landesfrauenbeirats am 19.06.2024 vorgestellt. Mit seinen Forderungen für die erfolgreiche Umsetzung des Landesaktionsplans möchte der LFB die Arbeit von Frau Kubica unterstützen und freut sich sehr über ihre Teilnahme an der Sitzung.

Die UN-BRK ist ein sehr bedeutsames Übereinkommen. Dieses wurde schon 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen. In Deutschland trat es 2009 in Kraft. Damit verpflichtet sich Deutschland auf allen staatlichen Ebenen, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen „zu achten, zu gewährleisten und zu schützen“[1]. Rheinland-Pfalz hatte bereits 2010 einen Aktionsplan erstellt. Dieser wurde sowohl 2015 als auch 2020 als Landesaktionsplan mit Zielen und Maßnahmen fortgeschrieben.[2] Im Jahr 2025 soll der Landesaktionsplan weiter fortgeschrieben werden.

„An dieser Stelle wollen wir erneut Einfluss nehmen und nicht nur wünschen und mahnen, sondern lautstark fordern, endlich die geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderung/ Beeinträchtigung in den Fokus zu nehmen und auf das Thema Gewaltschutzkonzepte in Einrichtungen bzw. Angeboten der Eingliederungshilfe zu konzentrieren,“ soIda Schneider und Merle Köppelmann vom Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz.

„Dies ist bedeutsamer denn je, denn die strukturellen Entwicklungen in den Einrichtungen der letzten Jahre wie Personalmangel wirken gewaltfördernd und gleichzeitig müssen die Frauenbeauftragten unter diesen erschwerten Bedingungen noch mehr für ihre Rechte kämpfen,“ erläutert Olga Hübner von KOBRA beim ZsL Mainz e.V., der rheinland-pfälzischenKoordinations- und Beratungsstelle Für Frauen und Mädchen mit Behinderungen.

Die jüngste Studie (Juli 2024) vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bestätigt dies, denn auch die Autor*innen kommen zu dem Ergebnis, dass hier in Bezug auf Frauen aus stationären Einrichtungen ein hoher Handlungsbedarf besteht. Dort berichtete jede zweite Frau (50 Prozent) von körperlichen Gewalterfahrungen im Erwachsenenleben (13 Prozent auch in den letzten zwölf Monaten). 41 Prozent der Frauen erlebten seit dem 16. Lebensjahr sexuelle Belästigung ( 14 Prozent auch in den letzten zwölf Monaten), und sexuelle Gewalt wurde von mehr als jeder Fünften (22 Prozent) erlebt.[3]

„Unsere bereits 2015 und 2020 aufgestellten Forderungen wollen wir ergänzen und mit verbindlichen Maßnahmen, Zielen und Konsequenzen versehen, denn zu den formulierten Forderungen sind keine maßgeblichen Umsetzungsschritte zu verzeichnen.“ ergänzen Anette Diehl, Regina Mayer und Selina Mende von der LAG autonomer Frauennotrufe.

Verbunden ist diese Initiative mit der Hoffnung, dass eine aktuelle Stellungnahme des Landesfrauenbeirats als Beratungsgremium der Landesregierung mit geschärften Forderungen und dem Fokus auf Gewaltschutzkonzepte mehr Gehör findet und eine größere Durchschlagskraft erzielt. Dank der Expertise der LAG autonomer Frauennotrufe und des Sozialverbandes VdK Rheinland-Pfalz – beides Mitglieder sowohl im LFB als auch im Landesteilhabebeirat, stand das Thema bei der Sitzung des LFB im Fokus, damit die Forderungen beim Landesaktionsplan 2025 endlich umgesetzt werden.

Die Vorsitzende des Landesfrauenbeirats Rheinland-Pfalz, Gisela Bill, unterstützt dieses Vorhaben ausdrücklich:

„Mit der Expertise unserer Mitgliedsverbände geben wir der Landesregierung folgende Forderungen mit auf den Weg zur Weiterentwicklung und Umsetzung einer wirksamen Gesamtstrategie. Dabei begreifen wir als wichtigste Voraussetzung eine langfristig ausreichende und sichere finanzielle Basis zur Umsetzung der geforderten Maßnahmen. Dies sind insbesondere:

  • Für Führungskräfte und Mitarbeitende müssen zertifizierte Schulungen angeboten und finanziert werden. Durchführen sollen diese Schulungen auf das Thema (sexualisierte) Gewalt spezialisierte Fachstellen. Gemeinsam mit den Einrichtungen sollen so die Erstellung von Gewaltschutzkonzepten und deren Umsetzung qualifiziert erarbeitet werden
  • Um dabei erfolgreich zu sein, müssen Schulungen/Angebote zur Auseinandersetzung mit dem Thema Gewaltschutz verbindlich und regelmäßig stattfinden. Diese Verbindlichkeit muss sich auch in den Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen wiederfinden
  • Um Qualität und Wirksamkeit der Gewaltschutzanstrengungen zu garantieren, ist ein Monitoring und eine jährliche Evaluierung unabdingbar
  • Spezialisierte Fach- und Beratungsstellen müssen gesicherte finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung haben
  • Aufbau eines Netzwerks aus Landesbehindertenbeauftragter, spezialisierten Fach- und Beratungsstellen, Frauenbeauftragten in Einrichtungen etc.

„Nur so kann Wirklichkeit werden, was die UN-Behindertenrechtskonvention bereits 2009 forderte und wozu sich Deutschland im Zusammenhang mit der Istanbul-Konvention 2018 verpflichtet hat: die Gewährleistung und den Schutz ALLER Frauen* und Mädchen* vor geschlechtsspezifischer Diskriminierung und sexualisierter  Gewalt zu schaffen und im Besonderen aller Frauen* und Mädchen* mit Beeinträchtigung/ Behinderung“, so Gisela Bill.

[1] Deutsches Institut für Menschenrechte. Die UN-Behindertenrechtskonvention. https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/das-institut/monitoring-stelle-un-brk/die-un-brk. Abgerufen 22.05.2024.

[2] Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung (MASTD) RLP. Landesaktionsplan Rheinland-Pfalz. https://mastd.rlp.de/themen/landesinklusionsgesetz/barrierefreiheit/landesaktionsplan. Abgerufen 22.05.2024.

[3] Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Gewalt- und Gewaltschutz in Einrichtungen der Behindertenhilfe - Langfassung. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/gewalt-und-gewaltschutz-in-einrichtungen-der-behindertenhilfe-lang.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Abgerufen 12.07.2024.

Gewalt gegen Frauen ist an diesem 25. November 2022, dem „Internationalen Tag der Bekämpfung von Gewalt an Frauen“ besonders offensichtlich. 

Wir sehen in den Nachrichten das brutale Vorgehen des Mullah-Regimes im Iran gegen die mutigen Frauen, die auf den Straßen ihr Leben riskieren für eine freie Existenz ohne männliche Bevormundung und Gewaltanmaßung.

Und da ist der russische Angriffskrieg, den die Ukraine erleidet. Hier werden insbesondere die Frauen aus ihrer Heimat vertrieben. Wer bleibt, wird Opfer der Kriegsgewalt. Wie in jedem Krieg, setzt der Aggressor Vergewaltigung und Ermordung von Frauen als strategisches Mittel ein. 

Weiterhin sind auch die Frauen in Afghanistan dem Taliban-Regime und seiner Gewaltherrschaft schutzlos ausgeliefert. 

Ganz aktuell findet eine Fußballweltmeisterschaft in Katar statt. Um die WM nach Katar zu holen, wurden u.a. Zugeständnisse in Sachen Gleichberechtigung auf dem Papier gemacht. Frauenrechtlerinnen in Katar - die sich im Übrigen nicht organisieren dürfen - bestätigen, dass die tatsächliche Freiheit von Frauen in Katar durch die herrschende Vormundschaft von Vätern und Brüdern eine Illusion bleibt.

Auch in einigen Ländern Europas und der USA bevormundet man Frauen durch die massive Verschärfung von Abtreibungsgesetzen. In Gewaltakt gegen Frauen und für ungewollt schwangere Frauen ganz besonders.

In Deutschland sind Frauenrechte in der Verfassung unmissverständlich festgeschrieben. Art.3, Abs.2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt (1949). Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin (Ergänzung1994).

Damit ist die Gleichberechtigung de jure festgeschrieben und Frauen können ihre Rechte einklagen. Durch Gleichstellungsgesetze und – institutionen hat sich die Gleichstellung verbessert - auch hier in Rheinland-Pfalz.  

Und doch erleben Frauen auch hier bei uns Gewalt in einem erschreckenden Ausmaß.
Jeden 3. Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner ermordet. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Gewalt in engen sozialen Beziehungen bleibt ein erschreckend großes Phänomen. Beratungsstellen haben regen Zulauf und Frauenhäuser stoßen an ihre Grenzen, weitere Frauen aufzunehmen. 

Auch wenn hier der Staat fördert – leider nie genug – bleiben die strukturellen Ursachen, aus denen sich das Machtgefälle zwischen Frauen und Männern ergibt und hartnäckig hält. Machtgefälle begünstigt Gewalt!  

Da sind falsche Anreize und Weichenstellungen, die immer noch auf den Mann als Ernährer ausgerichtet sind und die Frau als dazuverdienende Ehefrau, Haushälterin, Mutter und Elternpflegerin begreifen. Sie sind hartnäckig in bestehenden Gesetzen u.a. im Steuerrecht, auf dem Arbeitsmarkt und in der Sozialpolitik verankert. Beispiele kennen wir alle: Ehegattensplitting, schlecht bezahlte Frauenberufe, prekäre Arbeitsverhältnisse für Frauen, Lohnungleichheit, die Last der Care-Arbeit auf den Schultern der Frauen, viel zu geringe Renten als Folge, zu geringe Teilhabe von Frauen in den Parlamenten u.v.m. 
Das alles trifft nicht jede Frau. Aber jede ist betroffen von der minderen Wertschätzung, die all diese ungünstigen Bedingungen in die Gesellschaft und an den einzelnen Mann, die einzelne Frau signalisieren. 

Da können Frauen die schulische und berufliche Qualifikation der Männer längst eingeholt, sogar überholt haben, die Statistik zeigt uns, dass auch diese Tatsache nicht ausreicht, um tief verankerte Rollenprägungen und Vorurteile zu durchbrechen. 

Wir Frauen wollen das nicht wieder und wieder bis in alle Ewigkeit beklagen müssen!
Ganze Bibliotheken sind inzwischen gefüllt mit Studien zur Herstellung der Gleichberechtigung. Auch die Gleichstellungsberichte der Bundesregierung und der Landesregierung weisen den Weg dorthin. 

Tatsächliche Veränderungen sind also keineswegs eine Frage der Möglichkeiten sondern eine Frage des politischen Willens. Im Bundestag und auch im Landtag ging es wieder rückwärts. Fast 2/3 der Mandate sind an Männer gegangen. Von den Kommunalparlamenten ganz zu schweigen. Damit bleibt der politische Wille von Frauen weiterhin in der Minderheit.

Eine verbindliche gesetzliche Voraussetzung für Parität in den Parlamenten ist deshalb überfällig!

Denn die mangelnde Teilhabe von Frauen ist zum einen ein Demokratiedefizit, sie ist auch ein Qualitätsmangel in der Politik. Es fehlen der Blickwinkel und die Bewertungskriterien der Hälfte der Bevölkerung, der Frauen.  Deren geschlechtsspezifische Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen würden manche politische Planung und Entscheidung ganz anders aussehen lassen und müssen deshalb in den Parlamenten abgebildet sein. 

Dann bekämen Frauen das gleiche Geld für die gleiche und gleichwertige Arbeit. Sie hätten Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper. Sie hätten gleich viele Sitze in den Chefetagen und in den Parlamenten. Sie wären in den Parteien nicht unterrepräsentiert und wenn sie von der kürzeren Vollerwerbsarbeit heimkämen, würde die Sorge – und Hausarbeit geteilt. 

Die Hoffnung ist berechtigt, dass so das Machtgefälle beseitigt und auch der Gewalt gegen Frauen der Boden entzogen werden kann. 

Beauftrage für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz Saarland informieren Landesfrauenbeirat über Ihre Arbeitsschwerpunkte und zu den Coronafolgen am Arbeitsmarkt für Frauen

Janina Kiefer und Dunja Sauer, die Beauftragten für Chancengleichheit bei der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit informierten die Mitglieder des Landesfrauenbeirats Rheinland-Pfalz über ihre Arbeit und über die Entwicklung des Arbeitsmarktes für Frauen. Dabei gingen sie insbesondere auch auf die Folgen der Pandemie für Frauen auf dem Arbeitsmarkt ein.

Insgesamt ist die Zahl der Frauen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, in Rheinland-Pfalz (RLP) im Jahr 2020 minimal gestiegen, während bei den Männern die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um ca. 1% zurückgegangen ist.

Bei beiden Geschlechtern ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Teilzeit gestiegen (0,3%). Von allen Teilzeitbeschäftigten in RLP beträgt der Frauenanteil 81,1%. Gemessen an allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in RLP arbeiten 51,5% in Teilzeit (Männer 10,5%). 40% der arbeitsuchenden Frauen in RLP suchen eine Teilzeitstelle.

Während der Pandemie im Jahr 2020 haben bundesweit 24 Prozent der Frauen ihre Arbeitszeit reduziert, um z. B. coronabedingte zusätzliche Anforderungen in der Familie aufzufangen. Bei den Männern waren es lediglich 16 %.

„Wir unterstützen Frauen auch proaktiv dabei, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, um auch wirtschaftlich unabhängig zu sein, z. B. mit Beratung, Vermittlung und Förderung der beruflichen Weiterbildung.“ sagt Janina Kiefer. „Lange Zeiten mit Arbeitszeitreduzierungen wirken sich insbesondere auch negativ auf die Alterssicherung aus.“

Die Arbeitslosenzahlen sind in Rheinland-Pfalz infolge der Pandemie im Jahr 2020 im Vorjahresvergleich deutlich gestiegen (+20,7%) – bei den Frauen liegt der Anstieg bei 18,7%.  Es besteht zudem die Gefahr, dass sich viele Frauen nach Wegfall der geringfügigen Beschäftigung ganz vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben.

„Am Equal Pay Day möchten wir den Blick darauf richten, dass Frauen nicht nur beim Entgelt, sondern auch bei den Entgeltersatz- und Sozialleistungen sehr stark benachteiligt werden“, so Gisela Bill, Vorsitzende des Landesfrauenbeirats Rheinland-Pfalz. „Hier kann und muss der Gesetzgeber deutliche Änderungen vornehmen!“

Berechnungsvorschriften nach Nettolohn gelten z.B. auch für Arbeitslosengeld I, Krankengeld und für die Elternentschädigung nach Investitionsschutzgesetz.

Gisela Bill: „Deutschland setzt bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen nach wie vor auf ein überholtes Familien- und Frauenbild. Obwohl Frauen den Laden am Laufen halten, und zwar im Beruf und privat, sind sie eindeutig die Verliererinnen: Die Familienarbeit leisten sie unentgeltlich, verzichten als Teilzeitkräfte auf Einkommen, werden im Job schlechter bezahlt, haben zusätzlich Verluste, wenn sie oder die Kinder krank werden, wenn sie Kurzarbeitsgeld beziehen oder arbeitslos sind und im Alter sind sie dann häufig arm.“

Der Landesfrauenbeirat ist ein Gremium, das die Landesregierung in Rheinland-Pfalz in frauen- und gleichstellungspolitischen Fragen berät. Ihm gehören auf Landesebene organisierte Frauenorganisationen und Verbände mit Frauenstrukturen an.

Weiterführende Informationen: https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/rd-rps/ueber-uns/chancengleichheit-am-arbeitsmarkt

Der Equal Pay Day fällt in diesem Jahr auf den 10. März: Das entspricht einer Bruttolohndifferenz von 19% pro Stunde zwischen Männern und Frauen.

„Skandalös ist, dass diese 19% des unbereinigten Gender Pay Gap zum großen Teil bedingt sind durch die fehlende Wertschätzung „typischer“ Frauenberufe“, meint Gisela Bill, Vorsitzende des Landesfrauenbeirats, einer Einrichtung, die die rheinland-pfälzische Landesregierung in frauen- und gleichstellungspolitischen Fragen berät. Es geht um mehrheitlich von Frauen ausgeübte Berufe wie z.B. Kranken und Altenpflege, Erziehung und Verkauf. Viele dieser Beschäftigten arbeiten bereits zu normalen Zeiten unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen, durch Corona haben sich ihre Arbeitsbedingungen weiter verschärft.

Gisela Bill: „Die Systemrelevanz dieser Berufe wurde zu Beginn der Coronakrise zwar laut bejubelt und beklatscht, aber es tut sich sehr wenig, damit diese Beschäftigten entsprechend ihrer Bedeutung und Belastung bezahlt werden!“

Hinzu kommt, dass in den mehrheitlich von Frauen ausgeübten Berufen die Teilzeitquote sehr hoch ist. Im Einzelhandel mit einem Frauenanteil von 67 % gibt es laut Handelsverband Deutschland (HDE) nur 38 % Vollzeitbeschäftigte, alle anderen arbeiten Teilzeit, 26 % in einem sogenannten Minijob.

Das Deutsche Institut für Wirtschaft hat errechnet, dass der „Part-Time-Gap“ – das ist die Bruttolohndifferenz pro Stunde für Frauen in Vollzeit im Vergleich zu Frauen in Teilzeit - in Deutschland bei knapp 20 Prozent liegt. Frauen, die Teilzeit erwerbstätig sind, werden also deutlich schlechter bezahlt, als Frauen, die Vollzeit erwerbstätig sind.

„Wer viele Jahre Teilzeit arbeitet, wird im Regelfall im Alter arm sein, dass ist unausweichlich, nicht nur, weil Teilzeitkräfte schlechter bezahlt werden, sondern auch, weil sie insgesamt zu wenig in die Rentenkasse einzahlen können“, sagt Pia Müller, stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenbeirates und im ver.di Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland für Frauen- und Gleichstellungspolitik zuständig.

„Wenn Frauen und Männer sich Erwerbs- und Familienarbeit gerechter teilen, z.B. beide 30 Stunden berufstätig sind, bleibt mehr qualitative Zeit für Familie und Frauen werden existenziell unabhängiger,“ sind Müller und Bill sich einig. 

 

Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes der Männer und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gap wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der beispielsweise durch schlechtere Zugangschancen von Frauen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen verursacht wird. Dagegen misst der bereinigte Gender Pay Gap den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind hier also weitgehend herausgerechnet.

Laut stat. Bundesamt (Destatis) haben Frauen im Jahr 2019 in Deutschland durchschnittlich 19 % weniger verdient als Männer. Der Verdienstunterschied beim durchschnittlichen Bruttoverdienst zwischen Männern und Frauen – der sog. unbereinigte Gender Pay Gap – war damit um 1 Prozentpunkt geringer als 2018 und fiel damit erstmals unter 20 %. Der bereinigte Gender Pay Gap, der nur alle vier Jahre berechnet werden kann, blieb 2018 mit 6 % im Vergleich zu 2014 unverändert.

Im europäischen Vergleich liegt der Durchschnitt der Lohndifferenz bei 15%, d.h. Deutschland befindet sich mit 19% bedauerlicherweise als Drittletzter im hinteren Feld.

Dazu die Vorsitzende des Landesfrauenbeirats Rheinland Pfalz, Gisela Bill:
Die Benachteiligung von Frauen in Erwerbs- und Privatleben hat sich durch die Corona-Krise erheblich verschärft. Die Pandemie legt jahrzehntelange Versäumnisse der Politik, insbesondere die viel zu gering geschätzte Arbeit in den typischen Frauenberufen sowie in der familiären Versorgung, dramatisch offen. Insbesondere die Unterschiede in Fürsorgeund Teilzeitarbeit sind in der Krise mit Händen zu greifen. Mütter reduzieren ihre Arbeitszeit und ersetzen die geschlossenen Kitas und Schulen.

Eine brandaktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung bekräftigt mit aktuellen Daten den Veränderungsbedarf: Nach Erkenntnissen der Studie wird für Frauen insbesondere zwischen 25 und 29 Jahren die Teilzeitarbeit zur vorherrschenden Erwerbsform, derweil Männer fast immer in Vollzeit arbeiten. Auf die Lebenszeit gerechnet büßen Frauen im Mittel 40 bis 70 Prozent des Erwerbseinkommens ein (abhängig von der Anzahl an Kindern und große Unterschiede zwischen Ost und West).

Grundsätzlich verdienen Frauen – nicht nur Mütter – auch bei bester Ausbildung und in den gleichen Berufen weniger als Männer und sind auch anderweitig durch hartnäckige, überkommene Geschlechterrollenmuster diskriminiert. In Krisenzeiten sind diese Einkommen kaum oder nur reduziert abgesichert.

Familien brauchen zeitliche Entlastung. Männer und Frauen müssen sich – mit Hilfe entsprechender Arbeitszeiten und finanziellem Ausgleich – Erwerbs-, Sorge- und Hausarbeit teilen können. Kurze Vollzeit und lange Teilzeit ist ein Ansatz, der in den nordischen Ländern bereits für mehr Geschlechtergleichheit sorgt.

Sehr kurze geringfügige Erwerbsarbeit muss in reguläre Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden, die Frauen existenziell und sozial absichern und nicht geradewegs in die Altersarmut führen.

Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen muss geschlossen werden und die Berufe, in denen viele Frauen arbeiten wie bspw. die derzeit vielgelobten Pflegeberufe, müssen ihrer Systemrelevanz entsprechend gut vergütet werden.

Mit mehr Frauen in Führungspositionen würden neue Impulse gesetzt werden anstatt in männlichen Verhaltensmustern zu verharren.

Diese Forderungen, die wir Frauen seit Ewigkeiten einbringen, und die von zig Studien und der Lebenswirklichkeit von Frauen immer wieder bestätigt werden, müssen jetzt umgehend umgesetzt und nicht weiterhin auf den St. Nimmerleinstag verschoben werden.

Frauen müssen aus der Corona-Krise durch längst überfällige Veränderungen gestärkt herauskommen.

Darauf hinzuwirken muss auch die vordringliche Aufgabe der Sonder-Videositzung der GFMK (Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, - senatorinnen und -senatoren der Länder) sein, die heute stattfindet und die Auswirkungen der Krise auf Frauen betrachtet.

Schon 2011 zeigt der erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung schwarz auf weiß all die falschen Anreize durch nicht abgestimmte, oft widersprüchliche gesetzliche und gesellschaftlich vereinbarte Rahmenbedingungen zu Ungunsten von Frauenerwerbsbiographien. Bis heute ist die To Do-Liste dieses Berichts nicht abgearbeitet!

Wann, wenn nicht jetzt, muss dies nachgeholt werden!

Die Folgen der Corona-Pandemie für soloselbstständige Frauen in Rheinland-Pfalz 
oder: die Geschichte der vergessenen Frauen

Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Kulturminister Konrad Wolf haben am 28. April 2020 in ihrer Ankündigung eines Sechs-Punkte-Programms für Kulturschaffende noch einmal deutlich gemacht, dass die Landesprogramme keine monatlichen Zuschüsse zur Sicherung des Lebensunterhaltes von Soloselbstständigen umfassen werden.

Dies aber wäre aus frauenpolitischer Sicht bereits mit dem Start des Soforthilfeprogramms des Bundes für Rheinland-Pfalz dringend notwendig gewesen, so die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten (LAG), der Landesfrauenbeirat Rheinland-Pfalz, der Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz und die Existenzgründungsberatung E.U.L.E e.V. aus Mainz. Auf Initiative der LAG der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten haben sich die vier Organisationen zusammengeschlossen, um gemeinsam auf die Lage der soloselbstständigen, freiberuflich tätigen Frauen in Rheinland-Pfalz aufmerksam zu machen. Sie wenden sich nun mit einem offenen Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Frauenministerin Anne Spiegel, Wirtschaftsminister Volker Wissing und Kulturminister Konrad Wolf.

Auch wenn soloselbstständige Frauen keine fest definierbare Berufsgruppe bilden und die Zahl der Betroffenen schwer bezifferbar ist: viele Frauen werden, so haben Recherchen der Initiatorinnen ergeben, nicht vom Soforthilfeprogramm des Bundes für KleinstunternehmerInnen und Soloselbstständige erfasst, da sie keine klassischen Betriebsausgaben haben, sondern ihre Tätigkeit von zu Hause aus oder an wechselnden Orten ausüben. Honorarausfälle aufgrund abgesagter Veranstaltungen, Seminare, Schulungen oder anderer Dienstleistungen lassen sich nicht geltend machen.

Damit bricht für viele Soloselbstständige aber die einzige Einnahmequelle, sprich: ihr Lebensunterhalt weg. Rückmeldungen vieler soloselbstständigen Frauen belegen auch, dass die besser als Hartz IV bekannte »Grundsicherung« für sie nicht in Frage kommt, da sie in einer Partnerschaft leben und für die Jobcenter als Bedarfsgemeinschaft gelten.

»Der Rat der Landesregierung, doch diese Grundsicherung zu beantragen, um auch längerfristig den Lebensunterhalt sichern zu können, geht daher völlig an der Lebenswirklichkeit vieler soloselbstständiger Frauen vorbei«, so das Fazit der drei Organisationen. Damit habe die Corona-Krise eine weitere frauenpolitische Dimension.

Sie fordern, wie schon etliche andere Verbände und Initiativen, von der Landesregierung:

Es ist aus frauenpolitischer Sicht notwendig, aus dem Soforthilfeprogramm des Bundes auch Hilfen zum Lebensunterhalt für soloselbstständige Frauen zu leisten, die keine klassischen Betriebsausgaben haben.

Es ist aus frauenpolitischer Sicht notwendig, nicht nur die Hilfsprogramme auszuweiten, sondern auch für längere Zeit laufen zulassen, da Honorarausfälle kaum mehr in diesem Jahr ausgeglichen werden können.

Es ist aus frauenpolitischer Sicht notwendig, bei Anträgen auf »Grundsicherung«, sprich: ALG II, keine Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft vorzunehmen.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, das Soforthilfeprogramm zu öffnen und sich für eine bessere Absicherung der soloselbstständigen Frauen einzusetzen.

Elisabeth Kolz, E.U.L.E e.V.
Eva Weickart für die Sprecherinnen der LAG der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten
Gisela Bill, Vorsitzende Landesfrauenbeirat Rheinland-Pfalz
Claudia Rankers, Vorsitzende Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz

Anlage Offener Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Marlies Kämer (v. l. n. r.) bei der Preisverleihung im Rahmen des Internationalen Frauentages 2020

Die Vorsitzende des Landesfrauenbeirates, Gisela Bill, begrüßt die Vergabe des MarieJuchacz-Preises der Ministerpräsidentin an Marlies Krämer, der dieser heute, am 8. März in der Staatskanzlei überreicht wird.

Die Gewerkschaftlerin und Kommunalpolitikerin kämpft seit Jahrzehnten mit Leidenschaft für die Herstellung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und ist uns allen bekannt durch ihr Engagement für die Sichtbarmachung von Frauen in der Sprache. Zuletzt hatten die Medien über ihre - vorerst noch vergebliche - Klage beim Bundesgerichtshof gegen die ausschließlich männliche Ansprache auf Formularen der Sparkasse berichtet. Das hat Marlies Krämer nicht abgeschreckt. Die Klage ist bereits in der nächsten Instanz - beim Bundesverfassungsgericht.

Dass Frauen zwar häufig mitgemeint, allerdings nicht mitgedacht werden, das zeigen sprachwissenschaftliche und psychologische Studien deutlich. Sprache bildet nicht nur gesellschaftliche Strukturen ab, sondern sie prägt auch entscheidend unsere Wahrnehmung.

So trägt ein sensibler Sprachgebrauch mit wertschätzender Ansprache für alle, aktiv zur Gleichberechtigung bei.

Zu Beginn häufig belächelt als kleinlich, überflüssig und zu kompliziert, wächst hier die Einsicht, und zunehmend übernehmen moderne Betriebe, Medien, Behörden, Universitäten und Schulen u.a. eine geschlechtergerechte Sprache.

Das kontinuierliche Engagement der Preisträgerin Marlies Krämer hat dazu einen bemerkenswerten Beitrag geleistet.

Zur heutigen Abstimmung der Bundesregierung über die „Verbesserung der Information und Versorgung in Schwangerschaftskonfliktlagen“ erklärt die Vorsitzende des Landesfrauenbeirates Rheinland-Pfalz, Gisela Bill:

„In seiner Februarsitzung hat sich der Landesfrauenbeirat, dem 21 Frauenverbände und -organisationen angehören, einstimmig für die Streichung des §219a ausgesprochen. Wir begrüßen es nachdrücklich, dass auch Frauenministerin Anne Spiegel einen Streichungsantrag in den entsprechenden Bundesratsausschuss eingebracht hat.

Die Regierungsvorlage bietet keine Lösung in der Sache §219a StGB.

Allein eine Streichung des Paragraphen bringt Rechtsicherheit für Ärzt*innen, die ihre Patientinnen verantwortungsvoll und umfassend über einen Schwangerschaftsabbruch informieren und sie keinesfalls auf staatliche Internetseiten verweisen möchten.

Frauen benötigen für Ihre Entscheidung weitergehende Informationen, als es eine staatliche Internetseite oder zentrale Kontaktliste bieten kann. Sie wollen wissen, nach welcher Methode z.B. der Abbruch durchgeführt wird, wie der Ablauf ist und welche Haltung die Praxis oder das Krankenhaus zum Schwangerschaftsabbruch einnimmt. Genau diese Informationen sind in dem kurzen Zeitfenster, das Frauen für ihre Entscheidung haben, von großer Bedeutung.

Der Landesfrauenbeirat ist empört über das Frauenbild, auf dem der Vorschlag der Bundesregierung begründet ist. Frauen wird nicht zugetraut, in einer wichtigen Lebenssituation eigenständig eine verantwortungsbewusste Entscheidung treffen zu können. Wir erwarten, dass endlich von einem § aus der NS Zeit Abschied genommen wird. Stattdessen spielen die endlose Debatte mit ihren überkommenen Argumenten und die Kriminalisierung von mutigen und verantwortungsvollen Ärzt*innen lediglich den militanten Abtreibungsgegner*innen in die Hände.

Ein Beispiel dafür ist auch die Stimmungsmache von Gesundheitsminister Jens Spahn, fünf Millionen Euro für eine völlig überflüssige Studie über die seelischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs ausgeben zu wollen, obwohl es keinen Mangel an Studien gibt, die längst seriös bewiesen haben, dass ein Schwangerschaftsabbruch in der Regel nicht zu psychischen Problemen führt, sondern diese entweder vorher schon bestanden oder in der Stigmatisierung der Frauen begründet sind.

Zu schaffen macht es den Frauen, wenn sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, dass Ihnen dieses beinharte Verharren in altem Denken, das Leben - zu dem auch ein Schwangerschaftsabbruch gehören kann - so schwer macht.

Der Landesfrauenbeirat wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Frauen selbstbestimmt über ihren Körper und dessen Reproduktionsfähigkeit entscheiden können und ihnen alle Informationen zugänglich sind, die sie für eine reflektierte Entscheidung benötigen.

Eine entsprechende Entscheidung sollten wir heute - im Jahr 2019 - im Bundestag von den Abgeordneten - erwarten können!

Heute vor 100 Jahren, am 19. Januar 1919, bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung, konnten Frauen zum ersten Mal in ganz Deutschland wählen und gewählt werden. Viele Jahrzehnte hatten sie darum gekämpft.

82,3 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben im Januar 1919 ihre Stimme ab. Mit 83,0 Prozent war die allgemeine Wahlbeteiligung geringfügig höher ausgefallen. Es kandidierten 300 Frauen, 37 Frauen wurden gewählt. Es dauerte viele Jahre bis der Frauenanteil anstieg. 1961 wurde erstmals eine Frau Bundesministerin. 2005 wurde die erste Bundeskanzlerin gewählt.

Aber - in keinem deutschen Parlament sind Frauen seit 1919 gleichberechtigt vertreten:

Kommunalebene

• 25 Prozent Frauen in kommunalen Vertretungen
• 10 Prozent (Ober-)Bürgermeisterinnen

Landesebene

  • 30 Prozent Frauen in Landtagen
  • Spannbreite von 41 Prozent in Thüringen bis 25 Prozent in Baden-Württemberg
  • Zwei Ministerpräsidentinnen

Bundesebene

  • 30,9 Prozent weibliche Abgeordnete
  • Fraktionelle Spannbreite von 11 Prozent bei AfD bis zu 58 Prozent Bündnis 90/Die Grünen
  • 7 Prozentpunkte weniger weibliche Abgeordnete als im vorherigen Bundestag

Rheinland-Pfalz

Bei uns in Rheinland-Pfalz ist es der Frauenanteil von durchschnittlich 18,7 % in den Kommunalparlamenten, der besonders beschämend ist. Von insgesamt 32 502 Mandaten gingen bei der letzten Kommunalwahl 2014 lediglich 6093 an Frauen. Manch kleinere Parlamente sind immer noch frauenfreie Zonen.

  • Auf ganze 3 Landrätinnen bei 24 Landkreisen haben wir es gebracht,
  • auf 3 Oberbürgermeisterinnen von 42
  • und 218 Ortsbürgermeisterinnen von 2.263.

Seit der Kommunalwahl 1994 – also über einen Zeitraum von 20 Jahren – ist der Frauenanteil nur um 6 Prozentpunkte gestiegen. Das Ergebnis 2014 bedeutet eine Männerquote von 81,3% in rheinland-pfälzischen Kommunalparlamenten und steht somit im Widerspruch zum Anspruch von Artikel 2, Absatz 3 GG, Satz 1 „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“.

 

Gisela Bill, Vorsitzende des Landesfrauenbeirates in Rheinland-Pfalz erklärt dazu: Durch dieses krasse Missverhältnis entsteht nicht nur ein Demokratiedefizit, sondern auch ein Qualitätsmangel in der Politik. Es fehlen der Blickwinkel und die Bewertungskriterien der Hälfte der Bevölkerung, der Frauen. Deren geschlechtsspezifische Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen würden manche politische Planung und Entscheidung ganz anders aussehen lassen und müssen in den Parlamenten abgebildet sein!

Wenn Frauen paritätisch mitentscheiden würden:

- bekämen sie längst das gleiche Geld für die gleiche Arbeit.
- hätten sie gleich viele Sitze in den Chefetagen und in den Parlamenten.
- sie wären in den Parteien nicht unterrepräsentiert.
- und wenn sie von der Erwerbsarbeit heimkämen, würde die Sorge- und Hausarbeit geteilt.

Ein ausgewogenes Mitwirken von Frauen und Männern an politischen Entscheidungsprozessen ist als Grundbedingung für eine demokratische Gesellschaft in unserer Verfassung definiert. Es ist geradezu ein doppelter Verfassungsauftrag – seitens des Grundgesetzes und seitens der EU-Grundrechtecharta – aktiv zu handeln, um die Geschlechterparität in den Parlamenten – insbesondere den Kommunalparlamenten – herzustellen.

Das möchten wir allerdings nicht nur in Sonntagsreden bestätigt bekommen, sondern wir fordern Regierung und Parlament in Rheinland-Pfalz auf, zu handeln.

Für die Kommunalwahl 2019 können nur noch Appelle an die Frauen gerichtet werden, zahlreich zu kandidieren, an die Parteien, sie auch aufzustellen und an die Wählerinnen und Wähler, Frauen auch zu wählen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl! Bis zur Kommunalwahl 2024 müssen paritätische Wahllisten und der Mut zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes selbstverständlich sein!“

Ansprechpartnerin

Vorsitzende
Gisela Bill
c/o LFB-Geschäftsstelle
Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz
Kaiser-Friedrich-Str. 5 a
55116 Mainz
Tel.: 06131-164176
E-Mail: landesfrauenbeirat(at)mffki.rlp.de

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