Rohleder hält die Pläne des Bundesinnenministeriums für unausgegoren. „Bisher gibt es vom Bund keine Konkretisierung zu den Ankündigungen im Koalitionsvertrag; es existieren keine klaren Vorgaben, kein Konzept, nicht mal ein Eckpunktepapier – nur vollmundige Ankündigungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer“, ergänzte die Staatssekretärin. „Abgesehen von den vielen ungeklärten rechtlichen und organisatorischen Fragen ist davon auszugehen, dass nach den Plänen eine große Zahl an Menschen für längere Zeit auf engem Raum zusammenleben muss, von denen viele keine Perspektiven mehr für sich sehen. Hier sieht unser Ministerium erhebliches Konfliktpotenzial. Vor diesem Hintergrund finde ich auch den Begriff Ankerzentren höchst unpassend, da es hier gerade nicht um ein möglichst gutes Ankommen und Ankern geht.“
Grundsätzlich betrachtet die Landesregierung das Konzept der „Ankerzentren mit großer Skepsis“, verdeutlichte Rohleder. Das Land hat sich laut Koalitionsvertrag von 2016 ausdrücklich einer humanen Flüchtlingspolitik verschrieben und in den vergangenen Jahren viel Zeit, Geld und Kreativität investiert, um die Aufnahme, Versorgung, Beratung und Integration von geflüchteten Menschen gut und menschlich zu gestalten. „Diese Politik hat sich bewährt und die werden wir weiter verfolgen“, erklärte Rohleder.
Dort, wo der Plan für Ankerzentren scheinbar Lösungen anbieten will (Arbeiten verschiedener Institutionen Hand in Hand; alle wichtigen Akteure wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Bundesagentur für Arbeit und die Ausländerbehörde vor Ort), stellten die Ankerzentren „keine Neuerung oder Verbesserung gegenüber der derzeitigen Situation dar“, betonte Rohleder. „All dies wird in Rheinland längst praktiziert. Was wir hier aber nicht wollen, ist die mit den Ankerzentren verbundene längere Aufenthaltszeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das schafft vermeidbare Konflikte und ist insbesondere für Familien nicht zumutbar.“
„Wo immer wir Verfahren beschleunigen und verschlanken konnten, haben wir das bereits getan. Jetzt liegt es am Bund, die Verfahren des BAMF weiter zu optimieren und auf europäischer Ebene und mit den Herkunftsstaaten die notwendigen Verbesserungen zu verhandeln“, erklärte Rohleder.
Völlig offen ist aus Sicht des Integrationsministerium, wie die rechtliche Konstruktion der Ankerzentren aussehen soll: Das Gros der im Koalitionsvertrag genannten Aufgaben (Unterbringung, Identifizierung, kommunale Verteilung, Rückführung, Jugendhilfe) sind Ländersache. Lediglich die Asylantragstellung ist Bundeskompetenz. Der Bund hat bekundet, dass zunächst an den rechtlichen Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern nichts geändert werden soll. „Es stellt sich also die Frage, wie der Bund tatsächlich all diese Länderaufgaben steuern will, ohne bewährte Kooperationsstrukturen vor Ort zu zerschlagen?“, kritisierte Rohleder.
Die Landesregierung hält das im Juni 2017 beschlossene Kapazitäts- und Standortkonzept für die Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende in Rheinland-Pfalz für tragfähig; das Konzept der Ankerzentren würde die bewährte Einrichtungsstruktur in Frage stellen und eine erhebliche Kapazitätserweiterung mit hohen Kosten zur Folge haben. Ebenso kritisch wird auch die Akzeptanz für eine solche Einrichtung vor Ort in betroffenen Kommunen gesehen. Vor diesem Hintergrund hat Rohleder klar signalisiert, dass die AfA-Standorte in Rheinland-Pfalz für solche Einrichtungen nicht in Frage kommen. Entsprechende Befürchtungen wurden schon von Kommunalvertretern an das Ministerium herangetragen.