| Neue Ansätze in der Schwangerschaftsberatung

Interkulturelle Öffnung der Gesellschaft benötigt neue Beratungskonzepte – Familienministerium und BZgA stellen Ergebnisse eines Modellprojektes vor

Das Frauen- und Familienministerium hat gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein mehrjähriges Modellprojekt zur interkulturellen Öffnung der Schwangerschaftsberatung durchgeführt. Die an drei Schwangerschaftsberatungsstellen in Speyer, Alzey und Trier gesammelten Ergebnisse wurden heute in einer landesweiten Abschlusstagung vorgestellt.

„Die Erfahrungen mit Flüchtlingsfamilien und insbesondere mit schwangeren Flüchtlingsfrauen zeigen, dass sich Schwangerschaftsberatungsstellen konzeptionell neuen Herausforderungen stellen müssen. Wichtig ist dabei auch der Austausch und die Vermittlung von Wissen über verschiedene Geschlechterrollenmodelle und unser westliches Normen- und Wertesystem“, resümierte Familien- und Frauenministerin Anne Spiegel. 

„Zur Unterstützung neu zugewanderter Menschen bei der Familienplanung sind passgenaue Angebote wichtig – dies gilt besonders für die Themen Kultur, Normen, Körperwissen, Verhütung und Sexualaufklärung", so Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA. „Das Praxisprojekt in Rheinland-Pfalz nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein. Gerne werden wir dabei unterstützen, die wichtigen Ergebnisse auch bundesweit zur Verfügung zu stellen."

Die unterschiedlichen Träger und Beratungsstellen des Modellprojektes entwickelten in drei Jahren ganz spezifische Handlungsansätze für die Beratungsarbeit. Beispielsweise erprobten die Beratungsstellen, wie Zugänge für Beratende erleichtert werden können. Ein anderer Ansatz testete unterschiedliche Formate der Begegnung und Beratung. Andere wiederum fokussierten die Vernetzung unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure und nahmen neben einer bedarfsgerechten Angebotsgestaltung vor Ort auch die Entwicklung und Erprobung von Qualifizierungsmaßnahmen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren unter die Lupe. Die in dem Projekt gewonnenen konzeptionellen Ansätze richten sich an Beratungsdienste, Institutionen und Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Herkunftsländern. 

„Mir ist wichtig, dass wir unsere Beratungen nicht nur an Frauen adressieren. Sondern wir müssen mit unseren Beratungsangeboten noch viel stärker als bisher Männer ansprechen. Dazu wurden wichtige Hinweise im Rahmen des Projektes entwickelt, die gut übertragbar sind“, sagte Ministerin Spiegel. Wichtig sei weiter, dass die Angebote niedrigschwellig gestaltet seien. „Wir müssen mit unseren Angeboten zu den Menschen hingehen und nicht warten, dass diese zu uns kommen“, forderte Spiegel. „Die Angebote müssen die Eigenverantwortlichkeit der Frauen und Männer stärken. Dies geht nur über eine bessere Beteiligung der Menschen.“ 

Die Ergebnisse des Projektes werden bis zum Sommer in einem Praxishandbuch veröffentlicht. Es wird Transferimpulse zur landesweiten Nutzung und auch über das Feld der Schwangerschaftsberatungsstellen hinaus liefern.


Hintergrundinformationen zur Beratungsstruktur in Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz verfügt über eine breit gefächerte Angebotsstruktur für sehr unterschiedliche Bedarfs- und Problemlagen. 

  • In Rheinland-Pfalz gibt es derzeit 77 Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Fast 26.000 Beratungen haben dort 2018 stattgefunden. Das spezifische Profil der Schwangerenberatung ist, dass die Beratung sehr früh ansetzt – es beginnt mit der Themenpalette Sexualaufklärung, Familienplanung und reproduktive Gesundheit. Die Beratung geht weiter in der Schwangerschaft und auch rund um die Geburt. 
  • Die 60 Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatungsstellen haben 2018 knapp 24.000 Beratungen geleistet. Sie haben zum einen allgemeine Fragen der Erziehung im Blick, zum anderen sind sie Anlaufstellen in speziellen Krisensituationen innerhalb der Familie.
  • Eine Besonderheit in der Beratungslandschaft bilden unsere 16 rheinland-pfälzischen Kinderschutzdienste, die Kindern und Jugendlichen Hilfe und Unterstützung bei Gewalt, Missbrauch und Misshandlung bieten. Mehr als 2.800 Beratungen haben die Kinderschutzdienste 2018 durchgeführt.
     

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