„Obwohl viele geduldete Ausländerinnen und Ausländer ihren Lebensunterhalt selbst sichern, sich sozial engagieren und schon jahrelang in Rheinland-Pfalz leben, müssen sie dennoch ausreisen oder werden abgeschoben. Das stößt in der Bevölkerung und bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern immer wieder auf Protest und Unverständnis“, erläutert Integrationsministerin Anne Spiegel. Mit dem Rundschreiben will das Integrationsministerium dieser gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegentreten. „Die Betroffenen haben aufgrund ihres unsicheren Status keinerlei Sicherheit und können somit ihr altes Leben nicht hinter sich lassen und ihr neues Leben nicht beginnen. Hier wollen wir eine spürbare Verbesserung, indem wir Frauen, Männern sowie ihren Familien die Möglichkeit geben, Wurzeln zu schlagen und sie für gute Integrationsleistungen zu belohnen“, so Spiegel.
In dem Rundschreiben konkretisiert das Integrationsministerium die Spielräume des §25b des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) durch Anwendungshinweise. Mit dem seit 2015 gültigen Gesetz und ihren dazu veröffentlichten Anwendungshinweisen hat die Bundesregierung zwar die Möglichkeit geschaffen, gut integrierten Ausreisepflichtigen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Die Voraussetzungen dafür sind aber nicht praxisnah genug. Das zeigt sich auch darin, dass § 25b von August 2015 bis heute lediglich in 134 Fällen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geführt hat. Daher wurde das Rundschreiben entwickelt, um § 25b Aufenthaltsgesetz zu einer effektiveren Anwendung zu verhelfen.
Mit den folgenden Neuerungen soll den Ausländerbehörden Sicherheit bei der Auslegung des Gesetzes gegeben werden:
- Bislang müssen Betroffene seit acht Jahren und Familien seit sechs Jahren in Deutschland leben. Gleichzeitig lässt das Gesetz Raum für Konkretisierungen. Da eine gelungene Integration oft bereits viel früher erfolgt, stellt das Rundschreiben klar. dass eine Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bereits nach sechs oder für Familien nach vier Jahren möglich sein kann.
- Betroffene, bei denen die Sicherung des Lebensunterhalts noch nicht zweifelsfrei gewährleistet ist, dies aber absehbar ist, können Ausländerbehörden die Möglichkeit eröffnen, dass weitere Nachweise erst in einer bestimmten Zeit vorliegen müssen.
- Eine Identitätsklärung ist Bestandteil einer nachhaltigen Integration. Sollte es bei der Passbeschaffung im jeweiligen Heimatland zu schwierigen und langwierigen Verfahren mit unsicherem Ausgang kommen, zeigt das Ministerium den Ausländerbehörden ein Zug-um-Zug Verfahren auf. Im Laufe dieses Verfahrens muss eine gut integrierte Person innerhalb einer festgelegten Frist alle ausstehenden zumutbaren Mitwirkungshandlungen vornehmen.
„Von dem Rundschreiben erwarten wir uns, dass das Gesetz von den Ausländerbehörden künftig in einer größeren Zahl von Fällen zur Anwendung gebracht werden kann. Aber eben auch, dass betroffene Personen und ihre Unterstützer sich eingeladen fühlen, bei nachhaltiger Integration selbst die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis anzuregen“, so Ministerin Spiegel.
Ministerielle Rundschreiben haben einen verbindlichen Charakter.