| Sozialrecht

„Wenn nicht jetzt, wann dann?!“: Ministerin Spiegel unterstützt bundesweiten Appell zur Beendigung der Diskriminierung Hunderttausender Kinder

Das derzeitige Sozialrecht diskriminiert über eine Viertel Million Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger Behinderung. Da sie sich in einem anderen Rechts- und Hilfesystem befinden wie alle anderen Kinder und Jugendlichen, haben sie und ihre Eltern gravierende Nachteile. Sie leiden unter Zuständigkeitslücken, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird erschwert und sie werden mit unnötigen bürokratischen Hürden konfrontiert.  

Seit fast drei Jahrzehnten diskutieren Kinder- und Jugendhilfe sowie die Behindertenhilfe darüber, wie dieser Missstand behoben werden kann. „Wir brauchen endlich eine einheitliche Regelung, also eine inklusive Lösung“, erklärte die rheinland-pfälzische Jugend- und Familienministerin Anne Spiegel. „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie jetzt endlich tätig wird und mit einer Reform des Kinder- und Jugendhilferechts die Voraussetzungen dafür schafft, dass das SGB VIII die alleinige Zuständigkeit für alle Kinder und Jugendlichen erhält, ganz gleich ob sie behindert sind oder nicht und ganz gleich, welcher Art ihre Behinderung ist. Die Zeit ist reif – wenn nicht jetzt, wann dann?!“

Bislang gilt die Regelung: Bei einem Intelligenzquotienten von 70 oder darüber ist die Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), bei 69 oder darunter oder bei körperlicher Behinderung die Eingliederungshilfe (SGB IX/SGB XII) zuständig. „Die Fachleute aus beiden Disziplinen sind sich weitgehend einig, dass diese geteilte Zuständigkeit endlich beendet werden muss“, so Anne Spiegel.

Die Bemühungen um eine inklusive Lösung im Sozialrecht erhalten durch ein breites Bündnis von Akteurinnen und Akteuren aus der Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe, der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Pädiatrie, aber auch aus Wissenschaft und Politik kräftig Rückenwind. Das rheinland-pfälzische Jugend- und Familienministerium hat den Appell maßgeblich angestoßen. Er wird aber auch von den Fachressorts in den Bundesländern Baden-Württemberg, Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen unterstützt. Der Appell unter dem Leitgedanken „Exklusion beenden: Kinder‐ und Jugendhilfe für alle jungen Menschen und ihre Familien!“ ruft Politik, Fachwelt und Gesellschaft auf, mit der Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen mit geistiger oder körperlicher Behinderung endlich Schluss zu machen.

Der Bund hat im vergangenen Jahr einen breiten Dialogprozess für eine umfassende Reform des Kinder- und Jugendhilferechts gestartet. Der Prozess steht jetzt an einem für Familien mit einem behinderten Kind historisch bedeutsamen Punkt. Ministerin Anne Spiegel positioniert sich klar: „Kinder sind Kinder, ob mit oder ohne Behinderung und sie dürfen nicht in schwarze Löcher von Nicht-Zuständigkeiten fallen, wie das immer wieder passiert. Eltern mit einem behinderten Kind kämpfen ab dem ersten Tag um eine gleichberechtigte Teilhabe für ihr Kind. Sie müssen wir unterstützen und nicht belasten. Wir brauchen differenzierte Formen der Beratung und Entlastung für Familien mit einem behinderten Kind. Daher setze ich mich für ein Gesetz für alle Kinder und Jugendlichen ein. Die Kinder- und Jugendhilfe verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, sie berücksichtigt das gesamte Familiensystem: das behinderte Kind, Geschwisterkinder, die Eltern.“

Teilen

Zurück